INTERPRETATIONSOFFENE RELIEFS UND MEDAILLEN
MIT BEZUG AUF GRUNDLEGENDE FRAGEN DER INDIVIDUELLEN LEBENSGESTALTUNG

Version 1.01 (August 2012)

"Das Meisterwerk eines Menschen, auf das er besonders stolz sein kann, ist sinnvoll zu leben; alles übrige, ..., sind Nebensachen." (Michel de Montaigne )

"Kunstwerke sollten nicht nur als Kunstwerke gelten dürfen; vielmehr sollte ihre Erschließungsleistung– jener spezifische Blick des Künstlers- im Mittelpunkt stehen, egal ob es sich dabei um ein formales Phänomen, ein soziologisches oder politisches Sujet oder um eine spezifische Stimmung handelt. Ein wesentliches Kriterium von Kunst wäre es dann, ob sich ausgehend von einem Werk eine Diskussion entwickeln lässt, in deren Verlauf es gar nicht mehr um die Frage nach dem Kunsthaften des Werkes geht. Das tritt vielmehr nur indirekt, als Quelle von Gedanken oder als Garant einer gewissen Konzentration, in Erscheinung. Dafür wird die "Unerschöpflichkeit" der Kunst darin erfahrbar, dass ein Nachdenken über ein Werk kein schnelles Ende findet und doch nicht vom Thema abkommt."
(Wolfgang Ullrich: Gesucht Kunst, Verlag Klaus Wagenbach Berlin, 2007, ISBN 978-3-8031-2577-4)

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Was kann der Betrachter von einem Kleinrelief oder einer Medaille als "anspruchsvollem Kleinkunstwerk" erwarten?

Die sonst bei Medaillen so beliebten und "klassischen" Motive, wie Köpfe toter, altgewordener, berühmter Männer, Gebäude oder Motive zu besonderen Anlässen- wie Jubiläen, Gedenken, Tagungen, Ausstellungen und zu sonstigen "Großereignissen"- aber auch rein abstrakte Formen- sind in unserem Medaillen- und Relief- Werk nur äußerst gering oder gar nicht vertreten. Wir haben andere Prioritäten.

Da wir unser Medaillenwerk völlig "frei" gestalten konnten- ohne Hinblick auf irgendeinen einen Auftraggeber oder sonstige Rücksichtnahmen- war es uns möglich, unseren ganz persönlichen- Interessen aus dem allgemein "menschlichen Bereich"- aus Psychologie, Philosophie, ... und Anlässen persönlicher Betroffenheit- bei der Themenwahl zu folgen. Gesellschaftliche Ereignisse und Entwicklungen- ja, insbesondere Fehlentwicklungen- verfolgen wir zwar auch zum Teil mit großem Interesse und Anteilnahme, häufig auch mit ungläubigem Staunen, Zorn oder gar Fassungslosigkeit- wir haben allerdings den Eindruck, dass dieses "Feld" in der Medaillen- und Reliefkunst bereits durch Andere mit großem Engagement hinreichend "bestellt" wird.

Das oben aufgeführten Zitat von Michel de Montaigne kommt unserer eigenen Auffassung sehr nahe, deshalb erscheint es uns nur konsequent zu sein, eine eigene, völlig freie Gestaltung an einem Material mit den Themen zu verknüpfen, die unmittelbar mit der sinnvollen Gestaltung eines Menschenlebens verknüpft sind oder zumindest sein können-, also Fragen nach individuellen Glücksmöglichkeiten,- nach dem Sinn, aber auch Problemen und Widrigkeiten, die einem erfüllten, gelingendem Leben im Wege stehen können.

 

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Durch unsere Werke beabsichtigen wir keine "Belehrung" in irgendeiner Weise- auch wenn wir zu einigen Werken noch zusätzliche Informationen geben- sondern primär eine Anregung des ästhetisch und inhaltlich orientierten Interesses--, der Phantasie und der Nachdenklichkeit des Betrachters in Bezug auf die Prioritäten seines eigenes Lebens, der Lust an der Reflexion; vielleicht erfreut er sich aber nur- ganz naiv- an einigen Werken. Für das Fehlen oder die Seltenheit der oben aufgeführten, so häufigen Motive bei Medaillen haben sicherlich auch die Erfahrungen mit einer eigenen Medaillen- und Plaketten- Sammlung sowie- was das fast vollständige Fehlen von abstrakten Formen anbelangt- die "Nachwehen" unserer Empfindungen im Nachkriegs- Berlin der 1960er Jahre, mit den merkwürdigen, recht extremen- weltanschaulich bedingten- Überspanntheiten der Kunstszene in ihrer Überbetonung des Abstrakten beigetragen. Dies mag auch zu unserer generellen Skepsis bezüglich des "Zeitgeistes" geführt haben.

Sie können das vorliegende Werk primär als Versuch ansehen- mit allen damit verbundenen Risiken eines Misserfolgs- die Gestaltung eines materiellen Körpers, hier speziell eines Reliefs oder Kleinreliefs, in die Gestaltung des eigenen Lebens in sinnvoller Weise zu integrieren. Häufig sind gerade die Überlappungen von zwei unterschiedlichen Gebieten- hier die Gestaltung und Formung von Materie- dort die Gestaltung des eigenen Lebens- besonders interessant, da sie wechselseitig Erkenntnisse von einem Gebiet in das andere zu übertragen gestatten und auf beiden Gebieten zu neuen Einsichten, Schlussfolgerungen und Handlungen führen können.

Unsere Absicht, unser Wunsch und Ziel ist es, ganz bescheiden ausgedrückt, einer "Erkenntniskunst" im thematischen Bereich der Gestaltung des eigenen Lebens möglichst nahe zu kommen- wobei sich das "Eigene" sowohl auf den Betrachter der Werke, als auch auf uns selbst beziehen möge- auf den Betrachter, weil unsere individuellen Themen eingebettet sind in Themen, die das menschliche Leben allgemein betreffen.

Unser Ansatz hat zur Folge, dass für uns insbesondere der Entwurf des Werkes- das Abwägen von gestalterischen Alternativen zu einem Thema, die Abstimmung von Gefühl und Verstand, die Einbeziehung von persönlichen Erfahrungen, das Überdenken und ggf. das Einholen von zusätzlichen Informationen, teilweise auch das "Einbauen" von Ironie und Sarkasmus, aber auch durchaus von "Verachtung", "Zorn" und anderen Gefühlen während des "Schaffensprozesses" neben der Erweiterung und Verfeinerung unserer handwerklichen Fähigkeiten- von besonderem Interesse sind. Die den eigentlichen Gestaltungsprozess begleitenden Tätigkeiten nehmen dabei häufig durchaus einen größeren zeitlichen "Aufwand" in Anspruch, als die Herstellung des endgültigen Modells. Nicht nur die endgültige Form eines Werkes ist zunächst ziemlich ungewiss, sondern in Analogie dazu auch das Leben. Erst am Ende des "Schaffensprozesses" ist die subjektive Beurteilung möglich- die durchaus mit Überraschung verbunden sein kann- mit Enttäuschung, aber auch mit Freude.

 

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Sofern der Leser der Auffassung sein sollte, dass unsere Werke zu "kopflastig", zu wenig "spontan" sind, dann geben wir ihm zu bedenken, dass wir in unseren Werken eine Abstimmung von Gefühl und Verstand anstreben, genauso, wie man es zweckmäßiger Weise wohl auch bei der Gestaltung des eigenen Lebens unternimmt. Bei der Thematik unseres Werkes erscheint uns eine solche Abstimmung nur konsequent zu sein.

Wieso legen wir überhaupt recht grossen Wert darauf, dass die Mehrheit unserer Werke "interpretationsoffen" ist? Für eine erste Begründung kann ein Satz von Epikur herhalten: "Nicht die Dinge selbst, sondern nur unsere Vorstellungen darüber machen uns glücklich oder unglücklich."

Unsere Vorstellungen über die Dinge und Vorgänge aber gewinnen wir durch Interpretation. Dies zeigt, dass eine "angemessene" Interpretation der Dinge, der Ereignisse und der Lebensumstände, die wir wahrnehmen und denen wir teilweise oder sogar ganz ausgeliefert sind, für unser Leben und unsere Einstellung zu ihm, eine zentrale Rolle inne hat. Bei einer Interpretation sind Gefühl und Verstand, unsere gesamte Persönlichkeit, beteiligt: Gerade das macht das Interpretieren von Dingen oder Vorgängen für uns so interessant. Unser Werk ist auch der Versuch, das einem konkreten Anlass angemessene Interpretieren in der Parallelwelt der Kunst "spielerisch zu üben", was uns hoffentlich neben anderem durch eine Steigerung unserer Sensibilität, Phantasie und Nachdenklichkeit in der realen Welt, dadurch letztlich also unserer Lebensqualität insgesamt, zu Gute kommt. Da in der Kunst, ein erfüllendes, gelingendes Leben zu führen, die Interpretation der eigenen Lebenssituation und das Suchen des eigenen Weges eine entscheidende Bedeutung haben, wird die Verbindung der Gestaltung eines Objektes mit der Gestaltung des eigenen Lebens nur dann letztlich sinnvoll und erfolgreich sein können, wenn die aus diesem Bestreben geschaffenen Werke auch nicht "abgeschlossen", sondern- ebenso wie überwiegende Mehrzahl der realen Lebenssituationen- offen interpretierbar sind. Diese Eigenschaft erst wird die Werke für den Gestalter besonders fruchtbar beim Entstehungsprozess und- für hoffentlich zumindest- einige Betrachter individuell einfühlbar, in ihrer Phantasie anregend und auf Dauer interessant, machen können.

Ein geschlossenes Werk, das eine bestimmte Interpretation vorgibt- die aufzuspüren oder zu erraten- oder nach einem Symbolkatalog oder rein aus der Kenntnis einer geschichtlichen Siuation zu "deuten" ist, erscheint uns hier nicht als angemessen und besonders interessant- ebenfalls scheidet für uns bei der Gestaltung der eigenen Werke eine rein ästhetisch wirkende, im übrigen aber völlig beliebig deutbare oder gar nicht deutbare Gestaltung aus. Als Betrachter von Werken anderer sind wird jedoch durchaus für rein ästhetische, nur das Gefühl ansprechende, Werke empfänglich. Eine Interpretation sollte sich- nach unserer Auffassung- immer an einem realen Anlass, einer nicht beliebigen Vorgabe, orientieren und sollte zumindest im Prinzip auch von einem "Nichtfachmann" oder einer "Nichtfachfrau" vollziehbar oder zumindest prinzipiell nachvollziehbar sein.

Ein solches Ziel- die Verknüpfung von Kunst und Lebenskunst- kann natürlich umso besser erreicht werden, je stärker sich unsere Werke inhaltlich auf die Angelegenheiten unserer Lebensumstände und auf das, was uns bewegt, beziehen.

Daraus folgt aber auch, dass sich die bereits von uns an anderer Stelle erwähnten, so weit verbreiteten "Lieblingsmotive" bei Medaillen und Reliefs, die "Porträts, die Gebäude, die geschichtlichen Ereignisse, ..., aber auch die abstrakten Formen" ganz zwanglos in unsere Betrachtungen "einordnen" lassen. Dies gilt natürlich auch für alle anderen möglichen Motive. Sofern sich diese Motive durch den Betrachter mit seinen eigenen Lebensmotiven und Interessen verknüpfen lassen, bietet ihm dies die Gelegenheit, für sich selbst "Sinn" zu generieren und zu empfinden, wobei wir wieder bei einem zentralen Thema der "Philosphie der Lebenskunst" angelangt sind.

Der hier von uns vertretene Ansatz des Reliefwerks betrachtet das Erzeugen und die Förderung des Empfindens von Sinn in allgemeiner, umfassender und direkter Weise, wobei der Betrachter dazu angeregt werden kann, kritisch abwägend über die Fülle von möglichem Sinnerleben und deren Tragfähigkeit für sich selbst "nachzusinnen". Wir haben durch die spezielle Wahl unserer Motive viele unserer Werke direkt mit der Gestaltung des eigenen Lebens und mit Fragen nach dem "Glück" und dem "Sinn" verbunden, weil diese Themen für uns eine ganz zentrale Bedeutung im Leben haben und wir uns dabei eine gewisse, wechselseite Übertragbarkeit vom einen Bereich "Kunst" in den anderen Bereich "Lebenskunst"- erhoffen. Der Umweg über die Kunst an einem Material, die eigene Lebenssituation kritisch zu betrachten oder das eigene Leben zu bilanzieren, erscheint uns deshalb als sinnvoll, weil eine solche Betrachtung nach unserer Ansicht besser von außen, aus einer gewissen Distanz heraus erfolgen sollte und die Interpretation eines Werkes eine solche Distanz schaffen kann. Eine Auswahl, Beispiele und eine Übersicht von möglichen Lebensmotiven liefern uns neben der eigenen Erfahrung die "Lebenskunstphilosophie"[1], die Persönlichkeitsforschung [2] und die Lebenslaufforschung. Dabei ergänzen sich die philosophisch mit den psychologisch ausgerichteten Literaturquellen in hervorragender Weise: Auch die transzendente Sinnsuche erhält neben der diesseitigen Suche nach Sinn den ihr zukommenden Stellenwert.

Natürlich ist zur Deutung der hier vorgestellten Werke die Beschäftigung des Betrachters mit den aufgeführten Basisgebieten nicht erforderlich- der Leser kann jedoch, auch wenn er mit unserer Darstellung ganz und garnicht einverstanden ist, durch die Kenntnis von grundsätzlichen Arten des Sinnempfindens und von Lebenmotiven [1,2] zu einem vertieften Verständnis seiner eigenen Antriebe und Prioritäten gelangen und vielleicht sogar zu praktischen Schlussfolgerungen für seine Lebensgestaltung kommen.

 

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Da unsere eigenen Lebensumstände, Sorgen, Werte, Ängste, Anlässe des Glücks und der Freude nicht einzigartig auf dieser Welt sind, hat somit auch ein Betrachter die Möglichkeit, sofern er eine entsprechende Sensibilität und Offenheit dafür besitzt, sich zumindest durch einige unserer Werke zu Assoziationen, zum Interpretieren, zum "Weiterdenken" bezüglich seiner eigenen Lebenssituation anregen zu lassen und dadurch einen Bezug zwischen den Werken und sich selbst herzustellen. Auch durch Kritik kann solch ein Bezug zwischen dem Werk und dem Betrachter natürlich hergestellt werden. Allerdings ist Kritik nur dann fair, wenn der Kritisierende zumindest eine Vorstellung davon hat, wie das Werk "besser" hinsichtlich von Form und Inhalt hätte gestaltet werden können, welche Alternativen es zumindest prinzipiell gegeben hätte und wenn er dies auch mitteilen und zumindest grundsätzlich nachvollziehbar begründen kann. Die Anregung und Berechtigung von Kritik stellen wir hier gerade nicht in Frage, sie kann für den Betrachter- und für den wegen seines Werkes Kritisierten, sofern er die Kritik in ihrer Begründung überhaupt kennt- durchaus fruchtbar sein, auch wenn der Kritisierte die Kritik als zunächst(?) unberechtigt empfinden sollte. Sie wird ihn zumindest dazu anregen, seine eigene Position zu überdenken und- sofern er dies als sinnvoll und erforderlich ansieht, Korrekturen oder Nachjustierungen vorzunehmen.

Die meisten unserer interpretationsoffenen Werke stellen Fragen, geben vielleicht noch vage Hinweise auf mögliche Antworten- wollen aber möglichst wenige feste Vorgaben zur Deutung anbieten. Viele Fragen und Probleme, die sich Menschen im Laufe ihres Lebens stellen, sind vom Zeitgeist, von der geschichtlichen und gesellschaftlichen Situation, vom Stand der Technik und des Fortschritts relativ unabhängig- sie treten nur jeweils in einem etwas anderen Gewand auf. Die Antworten auf diese Fragen hingegen sind stark vom Zeitgeist und vom Ort, also von Zeit und Raum abhängig. Dadurch, dass unsere Reliefs eher Fragen stellen, als fertige Antworten zu liefern, haben sie vielleicht die Chance, selbst relativ zeitunabhängig zu sein.

Auch auf die Gefahr hin, einen völlig verständnislosen Leser lediglich zu amüsieren, geben wir zu, dass uns Michel de Montaigne hinsichtlich der Zeitlosigkeit von Werken sehr beeindruckt hat [3,Seite 4].

Eine weitere, für uns wichtige Eigenschaft von interpretationsoffenen Werken geht aus dem folgenden Zitat hervor:

"Nur durch die Offenheit können wir kreativ (und aktiv) handeln, während uns das Geschlossene zum passiven Konsum degradiert." (Martin Sexl, aus der Besprechung eines Buches von Helge Schalk: Umberto Eco und das Problem der Interpretation, Königshausen und Neumann, 1999)

 

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Da jedes Individuelle zumindest teilweise im Allgemeinen eingebettet ist, könnte die Darstellung des hier vorliegenden Werkes- auch mit der vorstehenden Einschränkung- für manchen Betrachter vielleicht nicht ganz ohne Interesse sein- und als Anregung zum "Weiterdenken" dienen: Zum Finden und Justieren eines eigenen, individuellen Standpunktes auch in Bezug auf ganz elementare Situationen eines Menschenlebens, eingeschlossen die Frage, ob überhaupt ein Vorhaben, wie das hier vorgestellte, als sinnvoll angesehen werden kann- oder einfach nur als Anlass, die eigene Kritikfähigkeit zu schärfen. Vielleicht gefallen aber auch einige Werke nur- ganz naiv- ohne nachzudenken und zu interpretieren.

 

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Um es ziemlich ketzerisch zu formulieren- der Untergrund unseres Bestrebens ist das ungute Gefühl der Belanglosigkeit und der Sinnlosigkeit, gar der Langweile, das sich in uns beim Betrachten nicht weniger Kunstwerke, übrigens auch von Medaillen und Reliefs- abgesehen von einem ästhetischen Genuss und dem Reiz des Neuen- einstellt: Was geht mich das Dargestellte überhaupt persönlich an? Welchen Zusammenhang kann ich beim Betrachten des Kunstwerkes zwischen dem Werk und mir selbst herstellen?- außer dem Gefühl, dass es mir ästhetisch gefällt oder eben nicht gefällt - ein Gefühl, welches durchaus sehr veränderlich sein kann ? Hat das Werk irgendeinen "Erkenntniswert" für mich, "spricht" es mich an, regt es mich zum "Nachdenken" an?

Das Erleben von Sinn ist nicht nur für uns, sondern für viele Menschen von zentraler Bedeutung, auch wenn ihnen das vielleicht so explizit nicht bewusst wird: Sie sind religiös, streben nach Macht, Geld, Ansehen, ... . Wir wollen nicht im Detail das Problem behandeln, wie weit es überhaupt rein "subjektive Werte" gibt und wieweit diese in "objektive Werte" eingebettet sind. Entsprechendes gilt natürlich auch für das Sinnempfinden des Menschen, das mit diesen Werten verknüpft ist. "Sinn" kann für jeden natürlich etwas verschiedenes bedeuten. Auch das angenehme ästhetische Empfinden, das uns ein Werk vermittelt, kann Sinn stiften , ebenfalls die Befriedigung eines historischen Interesses, die Befriedigung des Sammeltriebes, die Aussicht mit einem Kunstwerk durch Spekulation Geld zu verdienen - möglichst viel und schnell natürlich. Hier werden wir versuchen, verschiedene Arten von Sinnempfindungen und auch Situationen, denen wir besondere Bedeutung zumessen, "durchzuspielen".

Ganz beliebig und nachvollziebar ist jedoch sicherlich nicht menschliche "Wert" und jeder "Sinn", auch gibt es auch moralische Grenzen und Grenzen des "Anstandes", die durch die angemessene Respektierung von Interessen anderer und durch deren Freiheit gegeben sind. Diese Grenzen und deren Respektierung sind allerdings- wie wir selbst erfahren haben- jedoch offensichtlich nicht selten vom Lebensalter abhängig. Von anderen Faktoren wollen wir lieber schweigen, um uns nicht unnötig dem Vorwurf der politischen Unkorrektheit auszusetzen. Der eine mag als "Sinn" empfinden, was der andere als "Wahnsinn", "Blödsinn" oder bestenfalls als "Unsinn" ansieht.

Einen weiteren Hinweis zur fehlenden Beliebigkeit des "Sinns" gibt uns Terry Eagleton [4]:

"Ja, ..., als es eine ernsthafte Warnung sein sollte, dass wir bei der Bestimmung des Sinns unseres Lebens nicht jeden beliebigen Sinn auswählen können, der uns gerade durch den Kopf schießt. Was immer wir als Sinn unseres Lebens bestimmt haben, müssen wir vor dem Gerichtshof der allgemeinen Meinung rechtfertigen. Man kann nicht einfach sagen: "Ich persönlich sehe den Sinn meines Lebens darin, Haselmäuse zu ersticken ", und hoffen damit durchzukommen.

Auch geht es hier nicht um eine Schöpfung aus dem Nichts. Die Menschen bestimmen sich selbst, aber nur auf der Basis einer tieferen Abhängigkeit von der Natur, der Welt und anderen Menschen. Die Menschen bestimmen sich selbst- aber nur auf der Basis einer tieferen Abhängigkeit von der Natur, der Welt und den anderen Menschen."

Wir zitieren nochmals Terry Eagleton [4, Seite 112] mit einer Warnung: "Mit einem Lebensentwurf, der keine Rücksicht nähme auf die Realitäten der Verwandtschaft, der sozialen Gemeinschaft, der Sexualität, des Todes, des Spielens, Trauerns und Lachens, der Krankheit, der Arbeit, der Kommunikation und so weiter, kämen wir nicht weit."

Werte hängen mit Lebensmotiven und darauf gründenden Sinnempfindungen zusammen: Eine nicht beliebige Wahl der menschlichen Werte lässt sich dadurch begründen, dass viele Lebensmotive plausibel auf eine evolutionäre Grundlage [2] zurückgeführt werden können. Auch dies ist ein Hinweis darauf, dass unsere Werke, die solche Themen wie Werte und Sinnempfindung behandeln, auch andere Menschen interessieren könnten.

Wir sind uns natürlich dessen bewusst, dass die individuelle Bestimmung von "Sinn" jenseits der Sicherung eines subjektiv als angemessen empfundenen Lebensstandards für sich selbst und die eigene Familie mit ein paar zusätzlichen Bequemlichkeiten und Reizen, von vielen als Luxusproblem angesehen wird.

Es wird also im Folgenden primär das "Empfinden" von Sinn durch das Schaffen von Werken- die sich auf die "Lebenskunst" beziehen- und durch die Interpretation dieser Werke durch den Betrachter, behandelt. Sehen Sie jedoch diese Überlegungen als einen recht subjektiven Ansatz an, als einen vorsichtigen Versuch lediglich, die Medaillenkunst und Reliefkunst in eine bestimmte, für uns persönlich bedeutsame Richtung- Interpretionsoffenheit mit Bezug auf "invariante" Menschheitsthemen- etwas stärker zu erweitern. Dies wird teilweise nicht unwidersprochen bleiben oder gar als naiver Versuch eines "Autodidakten" belächelt werden- darüber machen wir uns keine Illusionen. Wir haben allerdings auch einige Erkenntnisse aus Veröffentlichungen von Kunstwissenschaftlern und Kunstkritikern "gewonnen"- die uns durchaus Mut gemacht haben, den folgenden Text auf dieser Website zu veröffentlichen. Diesen Personen sei hier ausdrücklich für ihr unbeabsichtigtes, indirektes "Mutmachen" gedankt. Eine Schelte generell der Kunstkritk ist hier natürlich nicht beabsichtigt- dies wäre gleichermaßen lächerlich und anmaßend- es gibt nicht wenige Veröffentlichungen auf diesem Gebiet, gerade in den letzten Jahren, die wir mit großem Gewinn an Erkenntnis, Vergnügen, aber auch Zustimmung gelesen haben.

Kunstkritik ist jedoch wohl auch eine Kunst - und damit ebenfalls in nicht kleinem Maße den Überspanntheiten und den Moden des Zeitgeistes ausgesetzt- was man leicht belegen kann.

Jeder Betrachter nimmt ein Werk auf seine besondere Weise wahr- so erhält letztlich jeder auf der Basis des vorgegebenen Werkes, genau das, was ihm gemäß ist und welches er sich selbst "verdient" hat. Unser Bestreben ist es, unsere Werke so zu gestalten, dass es möglichst unter ihrer Oberfläche noch etwas zu entdecken gibt. Dies kann sich aber möglicher Weise dem Betrachter erst im Laufe der Zeit erschließen- abhängig von der konkreten Lebenssituation des Betrachters, seiner Sensibilität, seiner Gemütsverfassung , auch von seiner Lebenserfahrung.

 

Zum besseren Verständnis der Ausrichtung unserer Werke und zur Anregung für den Betrachter, sich in das Thema "Interpretationsoffenheit" von Werken zu vertiefen, geben wir zu einigen Werken weiterführende Informationen.

Da die folgenden Kapitel so angelegt worden sind, dass sie in beliebiger Reihenfolge angewählt werden können, erschien es uns zweckmäßig, im Sinne einer besseren Verständlichkeit des Textes an dafür geeigneten Stellen einige Wiederholungen "einzubauen". Wir bitten dafür die Leserin/den Leser um Verständnis.

 

   
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Literatur:

[1] Wilhelm Schmid: Glück- Alles was Sie darüber wissen müssen und warum es nicht das Wichtigste im Leben ist, Insel Verlag Leipzig, 2007, ISBN 3-458-17373-0

[2] Helmut Fuchs, Andreas Huber: Die 16 Lebensmotive, Was uns wirklich antreibt, dtv premium, 2002, ISBN 3-423-24319-8

[3] Arthur Franz : Michel de Montaigne, Essais, Reclam Verlag, 2008, ISBN 978-3-15-008308-6

[4]Terry Eagleton: Der Sinn des Lebens, Seite 111, Ullstein, 2008, ISBN: 978-3-550-08720-2

 

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